Akutes Nierenversagen bei Hund und Katze

G. Löwe 2019

 

Definition

Akutes Nierenversagen (ANV) bedeutet, dass die Niere plötzlich nicht mehr in der Lage ist, die über die Niere auszuscheidenden Stoffwechselprodukte aus dem Blut herauszufiltern. Es kommt zum Anstieg dieser harnpflichtigen Substanzen im Blut und die Blutchemie wird nachhaltig gestört. Ein akutes Nierenversagen entwickelt sich innerhalb weniger Tage, meist bei schon vorgeschädigten, kritisch kranken Patienten.

AVN ist lebensbedrohlich, kann aber auch reversibel sein.

 

Symptome

- Verminderte Harnproduktion

- Flüssigkeitsretention im Körper, verbunden mit Ödembildung, vorrangig an den Gliedmaßen und am Unterbauch

- Atembeschwerden

- schnelle Ermüdbarkeit

- Übelkeit

- Schwäche

- Herzrhythmusstörungen 

- Krämpfe

- Koma

 

Bei akutem Nierenversagen ist unmittelbar eine tiermedizinische Versorgung in einer Tierklinik angeraten.

 

Ursachen:

- Durchblutungsstörungen der Nieren, verbunden mit einer Schädigung des Nierengewebes    durch Sauerstoffmangel

- Direkte Schädigung der Nieren

- Einschränkung des Lumen oder Verlegung des Harnleiters

 

Durchblutungsstörungen werden verursacht durch:

- Blut- und Flüssigkeitsverlust

- Herzerkrankungen

- Infektionen

- Leberversagen

- Medikammente (Aspirin, Ibuprofen und andere nierenschädigende Medikamente)

- Schwere allergische Reaktionen (Anaphylaxie)

- Großflächige Verbrennungen

- Starke Austrocknung

 

Direkte Schädigung der Nieren, werden verursacht durch:

- Blutgerinnsel in der Blutgefäßen der Nieren

- Glomerulonephritis (Entzündung der Filter-Funktionseinheiten der Nieren, Glomeruli)

- Hämolytisches Urämiesyndrom bei übermäßigem Zerfall roter Blutkörperchen

- Infektion

- Lupus, eine Störung des Immunsystems, die eine Glomerulonephritis verursacht

- Medikamente, wie bestimmte Chemotherapeutika, Antibiotika und Farbstoffe, die bei  bildgebenden Tests verwendet werden

- Giftstoffe wie Schwermetalle 

- rasanter Abbau von Muskelgewebes

- Abbau von Tumorzellen (Tumorlysesyndrom)

- Urinblockade in den Nieren

 

Einschränkung des Lumen oder Verlegung des Harnleiters (Harnwegsobstruktion) werden verursacht durch:

- Blasenkrebs

- Blutgerinnsel in den Harnwegen

- Gebärmutterkrebs

- Darmkrebs

- Vergrößerte Prostata

- Nierensteine

- Nervenschaden an den Nerven, die die Blase kontrollieren

- Prostatakrebs

 

Risikofaktoren

Ein akutes Nierenversagen tritt häufig bei schweren Vorerkrankungen oder Operationen auf.

Zu den Risikofaktoren gehören:

- Kritisch kranke Patienten

- hohes Alter

- Thrombosen

- Diabetes

- Herzerkrankungen

- Lebererkrankungen

- Tumor-Therapien

 

Komplikationen bei akutem Nierenversagen

- Flüssigkeitsansammlung in der Lunge, die zu Atemnot führen kann

- Entzündung des Herzbeutels (Pericard)

- Muskelschwäche infolge gestörter Elektrolytverhältnisse im Blut 

- Dauerhafte Nierenschädigung

- Tod infolge des akuten Nierenversagens

 

Prävention

Eine Prävention des akuten Nierenversagens ist schwierig, da es meist im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen zum Akuten Nierenversagen kommt.

Möglichkeiten einer Prävention bestehen beispielsweise in einem sorgfältigen Umgang mit Medikamenten. Wichtig ist, sich bei Dosierung und Dauer der Gabe von Medikamenten exakt an die Vorgaben Ihres behandelnden Tierarztes zu halten. Besonders wichtig ist dieses bei bereits bestehenden Erkrankungen der Niere, bei Diabetes oder erhöhtem Blutdruck, ein häufig bei Katzen anzutreffendes Problem.

 

Diagnostik

- Messung und Berechnung der Harnproduktion (Glomerulären Filtrationsrate GFR)

- Harnanalytik

- Bluttests zur Beurteilung der Nierenfunktion. Harnstoff- und Kreatininwerte, zwei  Substanzen, die die Nierenfunktion gut widerspiegeln.

- Bildgebende Verfahren wie Ultraschall und Computertomografie

- Nierenbiopsie, d.h. feingewebliche Untersuchungen der Nieren

 

Therapie

Die Behandlung eines akuten Nierenversagens erfordert in der Regel einen Klinikaufenthalt. Sie ist abhängig von der Ursache des akuten Nierenversagens und deren Behandlungsmöglichkeiten.

Bis zur Erholung der Nieren geht es in erster Linie um die Vermeidung bzw. Behandlung von Komplikationen. Im Vordergrund steht dabei die Balance im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Dafür kommt beispielsweise bei einem Mangel an Flüssigkeit eine intravenöse Flüssigkeitszufuhr über Infusionen in Frage. Bei einem Rückstau von Flüssigkeit, der gegenteiligen Ausgangssituation, wird die Harnproduktion medikamentös angeregt. Große Aufmerksamkeit muss dem Kaliumspiegel im Blut gewidmet werden, da eine Erhöhung zu Herzrhythmusstörungen und Muskelschwäche führen kann. Medikamentös (z.B. durch die Gabe von Kalzium oder Glukose kann der Kaliumspiegel gesenkt werden. Von Gleicher Bedeutung ist die Optimierung des Phosphatspiegels im Zusammenhang mit dem Kalziumspiegels im Blut. Blutdialysen wie in der Humanmedizin bei akutem Nierenversagen selbstverständlich, gestalten sich beim Tier immer noch schwierig. Am ehesten ist noch eine Peritonealdialyse praktikabel, bei der die Entgiftung über die Zuführung der Spülflüssigkeit in die Bauchhöhle erfolgt, die nach einigen Stunden wieder abgelassen wird und mit ihr die darin gelösten Giftstoffe. Auch überschüssige Flüssigkeit kann dem Körper auf diese Weise durch die Verwendung von unterschiedlich konzentrierten Zuckerlösungen entzogen werden.